Ben Roethlisberger hat seine Karriere beendet. Er wird als einer der besten Quarterbacks der NFL in die Geschichtsbücher und sicher auch in die Hall of Fame eingehen. Doch über seine zahlreichen Rekorde und Errungenschaften wurde und wird an anderer Stelle genug gesagt und geschrieben. Hier soll es um ganz persönliche Geschichten gehen, die Mitglieder des Steelers Nation Germany e.V. mit Ben Roethlisberger verbinden. Nicht wenige kennen die Steelers wohl nur mit Roethlisberger als Quarterback, so mancher wird auch wegen ihn zum Fan geworden sein. Ein paar Mitglieder haben ihre Ben-Roethlisberger-Geschichte erzählt und laden dazu ein, in ein paar Erinnerungen an unsere
Nummer 7 zu schwelgen.
Hen: Meine Big-Ben-Story ist keine Story aus einem bestimmten Moment oder einer expliziten Aktion in einem Spiel. Meine Begeisterung für diesen Spieler wuchs mit der Dauer, die ich ihm zugucken durfte. In einer Welt mit eher schmalen, zerbrechlichen Quarterbacks stach Ben immer raus. Wie dieser Berg zwei, drei, vier Verteidiger abgeschüttelt hat, wie es beim Sack eben nicht einen Spieler, sondern oft die ganze D-Line brauchte, um ihn niederzustrecken, hat mich immer beeindruckt. Und dann konnte dieses Monstrum auch noch werfen, oft dann eben auch mit jenen zwei, drei, vier Verteidigern am Körper!
Wenn ich denn einen Moment aus dieser fantastischen Karriere rauspicken muss, dann ist es eine Situation aus dieser Saison. Ben, lange nicht mehr mobil oder fit wie in jungen Jahren und ohnehin in der aktuellen Riege der Quarterbacks irgendwie fehl am Platz, zeigte in einem Spiel besonders, wieso wir ihn alle so lieben und wieso er einfach anders ist. Im Spiel gegen die Titans, bei einem Runningback-Handoff zu Najee Harris, wird Ben, lange nachdem Ball und Najee weg sind (auf den Bildern der TV-Kameras aus der Hinter-Ansicht war Najee schon gar nicht mehr zu sehen) von einem Titans-D-Liner geradewegs in den Boden gestampft. Es gab natürlich keine Flagge für Roughing the Passer. Aber anstatt sich zu beschweren, zu lamentieren oder sonst etwas, steht Ben auf, richtet sich
die Rüstung, grummelt kurz was in seinen Bart und spielt kommentarlos einfach weiter. Da ist mir so richtig bewusst geworden, was Pittsburgh bedeutet und was wir vermutlich in den nächsten Jahren schmerzlich vermissen werden.
Prof X 1988: Ich persönlich bin seit 2003 Steelers-Fan und durch einen gewissen Lockenkopf hier gelandet und geblieben. Ben habe ich immer als Leader des Teams gesehen und das hat er schnell unter Beweis gestellt. Mein persönlicher Ben-Moment ist aber das AFC-Divisional-Game gegen die Ravens, welches wir mit 31:24 gewannen. Zur Halbzeit lag man zu Hause gegen die Ravens mit 7:21 zurück und nach der Halbzeit legten wir 17 unbeantwortete Punkte auf (Touchdown auf Heath und Ward sowie ein Field Goal). Die Ravens glichen aus und wir bekamen den Ball mit der 2-MinuteWarning noch einmal wieder. Jeder kennt die berühmte Immaculate Extension aus 2016 von Brown gegen die Ravens. Aber der Helmet-Catch 2010 war wesentlich wichtiger! Danach konnten wir den
Ball durch Rashard Mendenhall in die Endzone zum 31:24 Endstand laufen. Auch wenn Ben vorher schon einige Comebacks hingelegt hat, war es dieses Spiel, das mich vollends zum Ben-Believer gemacht hat. Ich bin für 18 Jahre, die ich Ihn erleben durfte, dankbar und wünsche ihm einen glücklichen Ruhestand. Next Stop: Canton!
René: Anfang/Mitte der 2000er gab es einen bekannten TV-Anbieter, der in seiner Plus Mitgliedschaft den Sender ESPN mit dabeihatte. Dort lief dementsprechend viel US-Sport und somit auch NFL-Football. Eines Tages lief ein Spiel der Steelers. Ich bin mir nicht zu 100 Prozent sicher, aber ich meine, es wäre die Rookie-Saison von Ben gewesen. Sie spielten, soweit ich mich erinnere, gegen die Bengals (ich glaube sogar auswärts) und Ben verletzte sich etwas am Knöchel. Der wurde dann so dick in Tape eingewickelt, dass Ben das Spiel durchspielen konnte, wenn auch stark in der Bewegung eingeschränkt.
Das hat mich so beeindruckt und fasziniert, dass ich bei den Steelers hängengeblieben bin und ich bereue es mit keiner Sekunde. Mit Ben waren dann Troy und Heath die Helden meiner Anfangszeit der Steelers. What a surprise!
Daniel Hermanns: Ich kann mich nicht mehr an die erste “Begegnung” mit Big Ben erinnern. Aber wenn mir eines am Meisten in den wenigen Jahren, die ich die Steelers schaue, hängengeblieben ist, dann die diversen Szenen, in denen Verteidiger wie kleine Kinder an #7 gehangen und gezerrt haben, ohne ihn vom Werfen abzuhalten, geschweige zu Fall zu bringen.
Stefan Janssen: Ein Lauf über 18 Yards war für Ben Roethlisberger 2011 gar nicht so besonders. Doch war es einer, der für mich heute sehr viel bedeutet. Es war im Super Bowl 45, als die Pittsburgh Steelers auf die Green Bay Packers trafen. Ich hatte eingeschaltet, weil ich zufällig gesehen hatte, dass der Super Bowl stattfindet und ich einfach mal Lust darauf hatte, mir American Football anzuschauen. Ich hatte überhaupt keine Ahnung und erst recht kein Lieblingsteam. Doch irgendwie waren mir die Steelers von Anfang an sympathischer als die Packers, auch, wenn sie schnell 0:14 zurücklagen.
Und dann kam eben besagter Lauf: Gerade war Roethlisberger eine Interception unterlaufen, die Nick Collins zum Touchdown zurückgetragen hatte und die Steelers brauchten jetzt ein Erfolgserlebnis. Beim zweiten Versuch mit noch neun Yards zu gehen etwa an der Mittellinie suchte Roethlisberger Heath Miller, doch der Pass kam nicht an. Doch was viel schlimmer war:
Roethlisberger rutschte auf dem Kunstrasen unglücklich aus und hatte danach sichtlich Probleme mit seinem Knie. Doch er spielte weiter – und lief im nächsten Spielzug für 18 Yards und holte somit ein First Down heraus, Knieschmerzen hin oder her.
Heute weiß ich, dass es gar nicht so besonders war. Roethlisberger zeigte dort einfach nur Dinge, für die er bekannt war: Scrambles und eine gewisse Zähigkeit und den Willen, sich gegen Verletzungen zu stemmen und weiterzumachen. Erst recht in dieser Situation, in der ihn sein Team dringend brauchte. Doch für mich war es der Moment, in dem für mich endgültig klar war, dass ich wollte, dass die Steelers dieses Spiel gewinnen. Er hat mich irgendwie geprägt, band mich an den American Football und die Steelers. Ich werde diesen letztlich unbedeutenden Lauf (es wurde am Ende nur ein Field Goal und die Steelers verloren bekanntlich) wohl nie vergessen.
SteffiAyG: Ich hatte erst mit dem Super Bowl im Februar 2017 das erste Mal Kontakt zu Football. Vorher habe ich nie geschaut oder etwas mitbekommen. Nach dem Super Bowl war ich ganz begeistert, hab mich in der Offseason damit beschäftigt und bin dann im September 2017 in meine erste Saison eingestiegen. Ich habe im Free-TV alle dort gezeigten Spiele geschaut, aber kein Team war so wirklich meins. Da dort aber auch meist dieselben Teams laufen, habe ich nicht viel von den Steelers gesehen. Ich war im Oktober 2017 dann direkt beim London-Game Saints gegen Dolphins.
Aber selbst das hat kein Team zu “meinem” gemacht. Am Abend gab es in London in einer BVB Fankneipe noch die Abendspiele und ich schaute dort als einzige auf einem Monitor das Steelers Ravens-Spiel (alle anderen schauten auf den großen Screens das Pats-Spiel) und habe Ben zum ersten Mal wahrgenommen. Damit war es um mich geschehen und Ben und die Steelers irgendwie “meins”. Am Sonntag darauf spielten die Steelers gegen die Jaguars und ich freute mich tierisch, Ben wieder zu sehen. Und er warf fünf Interceptions. Fünf. Und ich sagte danach, wenn ich das als Fan überlebe, überlebe ich alles. And the rest is history, von da an war ich mit Leib und Seele Football- und Steelers Fan, obwohl ich bis kurz vorher nie etwas damit am Hut hatte. Es folgten Besuche in Pittsburgh und in anderen Stadien, Unmengen an Merchandise, Fancave im Wohnzimmer und ein seit 2018 bestehendes Ehrenamt im Staff-Team meines lokalen GFL2-Teams. Ich werde dieses Jahr selbst die Trainerausbildung starten, habe viele tolle Leute kennengelernt und meine ganze Freizeit einem Sport ausgerichtet, den ich bis 2017 nur aus Erzählungen kannte. Ohne dieses Spiel mit den fünf Interceptions von Ben wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.
Auch wenn ich die besten seiner Jahre nicht mehr miterlebt habe bin ich ihm sehr dankbar. Er war ein guter Teamplayer, der nicht mit Arroganz bestach und ich kann nur den Hut davor heben, so lange Zeit auf professionellem Niveau Football gespielt zu haben und den dauernden Druck auszuhalten, während die Familie sicherlich deutlich zu kurz kommt.
Vielen Dank an Stefan für das Zusammentragen der Geschichten.
Go Steelers #HereWeGo
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