Agree 2 Disagree Part 2

written by Tobias Neumann
10 · 14 · 23

Zur Startseite

agree to disagree

Agree 2 Disagree Part 2

Nach Teil 1 soll es nun konkret werden. Wie stehen Hen und Tobi denn nun zu den Themen der laufenden Saison?

“Hätte im Fall Canada bereits jetzt eine Entscheidung gefällt werden sollen?”

Hen

Ja! Besser gestern als heute. Nach den ersten fünf Saisonspielen ist für mich klar, dass Matt Canada in 2024 nicht mehr der OC der Steelers sein wird. Und selbst wenn die Entscheidung intern bereits getroffen sein sollte, muss diese Person sofort aus ihrem Amt entfernt werden. Auch wenn der Nachfolger noch nicht gefunden werden kann, weil alle möglichen externen Nachfolgekandidaten bereits einen Job haben.

Für mich gibt es keinen Grund, einen Koordinator weiterarbeiten zu lassen, wenn seine Zukunft aufgrund von Leistungsgründen bereits besiegelt ist. Das Playbook ist festgelegt und es werden während der Saison keine neuen Dinge erarbeitet. Matt Canada wird keine Informationen haben, die nicht auch ein Position Coach der Offense hat. Der QB Coach kümmert sich um das “Problem” Kenny. Der O-Line Coach kümmert sich um das “Problem” O-Line und jemand anderes muss das “Problem” Playcalling übernehmen. Ein großer Vorwurf ist auch die Vorhersehbarkeit der Spielzüge. Warum sollte sich das plötzlich verbessern, solange Matt Canada der Playcaller ist? Wir haben uns letztes Jahr sehr über die Drives gefreut, die Kenny vermutlich selbst gecalled hat und die uns am Ende der Saison einfach die Spiele gewonnen haben.

Bei vielen (auch erfolgreichen) Teams ruft der Head Coach die Plays. Warum nicht auch vorübergehend bei uns? Mike Tomlin ist zwar defensiv ausgerichtet, aber aufgrund seiner Erfahrung als Head Coach und seiner langen Zugehörigkeit bei den Steelers kann ich mir nicht vorstellen, dass das Playcalling noch schlechter wäre.

Mike Tomlin hat Matt Canada eingestellt, Mike Tomlin hat Matt Canada zum OC gemacht, Mike Tomlin hätte das Projekt Matt Canada schon vor zwei Jahren beenden müssen. Am Ende hängt für mich auch das Schicksal von Mike Tomlin daran. Auch wenn eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Matt Canada nicht dem “Steelers Way” entspräche, schadet es dem Ansehen der Franchise und sorgt auch intern für schlechte Stimmung bei den Spielern. In den letzten Jahren gab es immer wieder kritische Stimmen aus dem Team in Richtung OC. GM & Owner würden mit einer Entlassung Canadas frühzeitig zeigen: “Wir hören euch. Ihr seid uns wichtig.”

Würde es besser werden, wenn Matt Canada sofort entlassen würde? Schwer zu sagen. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Würde es schlechter werden, wenn Matt Canada sofort entlassen würde? Ich glaube, schlechter als bei 4th&1 einen Pass zu callen, bei dem sich der QB verletzt, kann es nicht werden, auch wenn die Verletzung selbstverständlich nicht geplant war und er sich auch bei jeder anderen Aktion hätte verletzen können.

Abschließend halte ich es mit Marie Kondo: “Does this spark joy? If it does, keep it. If not, dispose of it.”

Tobi

Die Frage, ob Canada zum jetzigen Punkt hätte gefeuert werden sollen oder nicht, wirkt auf den ersten Blick recht einfach. Er ist verantwortlich für die Offense, die Offense funktioniert seit er da ist nicht vernünftig, also muss er gehen. Soweit die oberflächliche Argumentationskette. Und doch kamen vermutlich viele Umstände zum Tragen, die dafür gesorgt haben, dass man ihn noch nicht fallen ließ. Ganz so einfach, wie es sich viele hier machen, ist es nämlich nicht. Betrachtet man seine Historie in Pittsburgh, gibt es zum Beispiel sehr lange keinen Punkt, an dem man ihn überhaupt als alleinigen Verantwortlichen für eine schlechte Offense ausmachen kann: 2020/21 war er noch als Quarterbacks Coach tätig und hatte vergleichsweise wenig Einfluss auf die Offense als Ganzes, die noch primär von Randy Fichtner gestaltet wurde. 2021/22 sollte er eine Offense rund um Ben Roethlisberger in dessen letztem Jahr entwickeln. Ben war zu dem Zeitpunkt, auch aus Sicht der meisten Experten und Fans, bereits über seinen Zenit hinaus und vermutlich auch wenig gewillt, in einem komplett fremden Scheme noch einmal neu Fahrrad fahren zu lernen. Also gab es einen Kompromiss. 2022/23 musste er ein System entwickeln, dass sowohl mit Trubisky als Veteran und Brückenlösung, als auch mit Pickett als Rookie gut funktionieren soll. Ein Spagat, der bestimmt möglich, vermutlich aber auch nicht ganz einfach ist. Also gab es einen Kompromiss.

Gerade Kenny, der zudem noch früher als geplant übernehmen musste, wird man noch nicht das komplette Playbook zur Verfügung gestellt haben, um ihn nicht zu überfordern und langsam an das System heranzuführen. Dass das bei den Steelers gängige Praxis ist, sehen wir derzeit bei Joey Porter Jr, der langsam an seine Rolle herangeführt wird und die ersten Wochen nur in bestimmten Situationen Snaps spielte. 2023 wäre nun eigentlich das Jahr gewesen, in dem Canada voll auftrumpfen kann und keine künstlichen Barrieren mehr in den Weg gestellt bekommt. Im Camp und in den damit verbundenen Preseason Games schien es ja auch hervorragend zu laufen. Zu erkennen, dass das Scheme in seiner Form nicht komplex genug ist, um unter Livebedingungen in der NFL zu bestehen, ist vielleicht auch nicht ganz einfach zu beurteilen, besonders wenn Coach Tomlin als einziger Vorgesetzter mit genug Fachwissen selbst eher auf der Defensiven Seite des Balls zu Hause ist. An dieser Stelle darf man auch nicht außer Acht lassen, dass das Scheme an sich deutlich umfangreicher ist als das, was wir am Gameday sehen. Das gesamte Playbook hat doch, da bin ich mir sehr sicher, mehr Inhalt als ein paar Inside Runs, Jet Sweeps und Pässe in die Flat.

Bis zum Beginn der jetzigen Saison war es also unmöglich, Canada zweifelsfrei als den einen entscheidenden Faktor auszumachen, selbst wenn er über die letzten vier Jahre ein gemeinsamer Nenner der Offense war. Der richtige Zeitpunkt, sich von ihm zu trennen, wäre daher vermutlich nach Abschluss der letzten Saison gewesen. Um die freigewordene Stelle dann aber auch rechtzeitig mit verfügbarem Personal neu besetzen zu können, hätte man bereits in der Offseason erkennen müssen, dass er nicht in der Lage ist, sein Playbook auf NFL Niveau auszubauen. Ein Playbook, das zu dem Zeitpunkt noch nicht existierte. Als dieses dann fertig war und man vielleicht sogar intern schnell erkannt hat, dass man damit nicht weit kommt, waren alle Kandidaten, die als Ersatz in Frage kommen, schon bei anderen Teams unter Vertrag. Jemanden dann einzustellen, den man eigentlich nicht haben will, nur um die Lücke zu schließen, ist dann aber auch wieder nicht der Stil der Steelers. Ich denke, man bereitet sich stattdessen lieber sorgfältig auf einen Wechsel vor, der dann nach Saisonende passieren wird.

Rückblickend zu sagen, dass man das ja alles längst hat kommen sehen ist immer einfach, besonders, wenn einem interne Informationen fehlen, die für eine solche Entscheidung maßgeblich sind. Versucht man aber, die Situation aus Sicht der Organisation zu sehen, kann es durchaus valide Gründe geben, Canada bis jetzt zu halten, die über ein einfaches “die Steelers sind halt die Steelers” hinausgehen. Die Entscheidung ist aus meiner Sicht in diesem speziellen Fall und aus meinem Blickwinkel zwar falsch, da inzwischen deutlich ist, dass es für die schlechte Leistung der letzten Jahre eben keinen Grund neben Canada gibt. Aus der Perspektive der Steelers halte ich es aber für nachvollziehbar, warum man bis jetzt noch nicht die Reißleine gezogen hat.

“Sollten Spieler wie Kenny, Jones oder Porter früher eingesetzt werden, um im Spiel zu lernen?”

Hen

JA!

Bei Spielern wie Kenny Pickett, Broderick Jones oder Joey Porter Jr. geht es in erster Linie um Spieler, die in der ersten Runde im Draft gezogen werden. JPJ ist auf dem Papier zwar ein 2nd Rounder, aber mit Pick#32 fällt auch er, zumindest für mich, in diese Kategorie.

Meine Devise vorweg: Ein Spieler kann nichts für seinen Draftpick, aber ich bin der Meinung, wenn ein Team einen Spieler in der ersten Runde holt, dann sollte er einen unbedingten Need erfüllen und dem Team auch so wichtig sein, dass es ihn sofort einsetzen will und kann. Wer so früh gepickt wird, sollte daher vor allem eins sein: NFL Ready. Und wenn du einen Spieler nimmst, der das noch nicht ist, dann nimm einen, der es ist, und hoffe darauf, dass der andere noch da ist, wenn du das nächste Mal an der Reihe bist. Die erste Runde im Draft ist kein Ort für Perspektivspieler.

Der Sprung vom College zur NFL ist sehr groß. Meiner Meinung nach überwindet ein Spieler diese Hürde vor allem dadurch, dass er sie angeht. You miss 100% of shots you don´t take. Die Spieler haben im College bewiesen, dass sie bereit dafür sind. Sportler sind so gut in dem, was sie tun, weil sie es tun. Wieso sollte ihnen dann genau das verwehrt werden? “Learning by doing” wie meine Oma immer gesagt hat.

Kommen wir vom Allgemeinen also zu den Steelers bzw. zu Pickett, Jones und Porter. Bei allen drei Rookies bleibe ich bei meinem Punkt: “If he is your guy, start him. If he is not, don´t draft him in the first round.”

Kenny Pickett kam von der Pitt Uni, hat die Heimspiele im Heinz Field gespielt und kennt die Facility im Grunde in- und auswendig. Er hatte also eine minimal mögliche Eingewöhnungszeit an die “neue” Umgebung NFL. Natürlich besteht bei jedem QB die Gefahr, dass man ihn früh verbrennt, aber da ist es die Aufgabe des Coaching Staffs, ihn zu beschützen, seine Schwächen zu kaschieren und ihn um seine Stärken herum spielen zu lassen. Und wenn die Organisation der Meinung ist, das Staff könne das nicht, hätte man es austauschen müssen oder keinen jungen QB draften dürfen. Wie hilft es Pickett, wenn er sich anguckt, was Mitch Trubisky für Fehler macht? Es ist doch hilfreicher, wenn er sich anguckt, welche Fehler er selber begeht, um diese in Zukunft eben nicht mehr zu machen. Und wenn das Ziel ist, dass Pickett ohnehin Starter wird, dann hätte man sich die Spiele unter Mitch Trubisky auch sparen können. Ich weiß, dass Captain Hindsight kein sonderlich guter Begleiter ist, aber ich denke, wir sind alle der Meinung, dass die ersten Spiele auch mit Kenny nicht sonderlich schlechter gewesen wären. Wenn überhaupt. Pro Season hat ein QB, ohne Playoffs, 17 Spiele. Ich finde es fast schon fahrlässig, in einem Geschäft, das in Jahren rechnet, dem zentralsten Spieler der Offensive respektive des Teams ein Viertel der Erfahrung zu nehmen, die er in einem Jahr bekommen kann. Und ja, ich bewerte die Erfahrung eines Spiels deutlich höher als die einer Trainingssession, denn wie sagt eine alte Boxerweisheit: “Jeder Plan ist wertlos, sobald dir der Gegner das erste Mal ins Gesicht schlägt.”

Erfahrung ist genau das Stichwort, das bei Broderick Jones, meiner Meinung nach, noch schwerer zu tragen kommt. Ein Schlüsselfaktor eines Spielers in der O-Line ist Erfahrung. Viele Snaps, viele Gegner. Sicherlich warteten diese Saison direkt in den ersten drei Spielen mit Bosa, Garrett und Crosby 3 absolute Schwergewichte und man könnte sagen, dass man einen jungen Spieler nicht der Gefahr aussetzen will, direkt ins Querfeuer zu kommen, wenn er gegen diese drei Spieler versagt. Aber wer sagt denn, dass das zwangsläufig so sein muss? Ich finde, man hätte ein bisschen mehr wagen können. Setzt man den Spieler frisch in solchen Situationen ein, zeigt man ihm auch, dass man ihm voll vertraut. “If he is your guy…”

Ein weiterer wichtiger Faktor für eine erfolgreiche O-Line ist Abstimmung. Wir wissen, dass die O-Line letzte Saison auch so gut war, weil sie die Möglichkeit hatte, als Unit komplett verletzungsfrei durch die Saison zu gehen und sich von Spiel zu Spiel, von Snap zu Snap immer besser aufeinander einzuspielen. Plant man fest damit, Broderick Jones nach Spiel 4, 5 oder nach der Bye-Week spielen zu lassen, verliert man eben genau diese Spiele an Abstimmung. Durch die Ab- und Zugänge in der Offseason war ohnehin klar, dass sich die O-Line neu aufstellen und abstimmen muss. Einen besseren Zeitpunkt hätte es nicht gegeben. Man hätte Broderick Jones seinen Platz in der O-Line von Tag 1 an zusprechen müssen.

Wer ebenfalls von Tag 1 an hätte spielen müssen, ist Joey Porter Jr. Der einzige Spieler im Kader, der noch mehr “Steelers” ist als Kenny Pickett, ist Joey Porter Jr.. Er ist als Sohn von Joey Porter Teil der Steelers Familie. Alle Interviews und Videos von ihm vor und nach dem Draft waren Thema “I´m coming home”. Er trägt die Nummer von “Uncle Ike” (Ike Taylor, Steelers CB 2003-14, 2x SB Winner) Das Thema “Sprung in die NFL und Eingewöhnung” greift hier von allen Spielern jemals mit am wenigsten. Hinzu kommt, er spielt die Position, die uns in der letzten Saison die größten Schmerzen bescherte. Das Steelers Backfield der letzten Saison war einfach nur #*!&$?@§. Besonders in Erinnerung habe ich die Spiele gegen die Bills und Eagles aus letzter Saison. Gerade gegen die Eagles wurden die Schwächen im Steelers Backfield gnadenlos aufgezeigt, wo Jalen Hurts zwei Mal, quasi direkt hintereinander, mit dem selben Spielzug dieselbe Position angreift und es beide Male zum TD kommt. Es gibt für mich keinen Grund, wieso man nach den Personalwechseln in der Offseason Patrick Peterson, der zweifelsohne einer der besten Cornerbacks der Liga ist/war, trotz seines Alters outside spielen lässt, und Joey Porter Jr. auf der Bank sitzt. Die Verpflichtung Petersons als Mentor für JPJ war grundsätzlich richtig, aber man hätte ihn im Slot und Porter outside aufstellen müssen. Die Angst, dass er über Gebühr angespielt und überwunden wird, ist für mich völlig unverständlich, denn anders als Broderick Jones hätte Porter vergleichsweise einfache Matchups bekommen. Auch wenn es in der NFL keine einfachen Gegner gibt, die WR der 49ers, Browns, Raiders, Texans und Ravens in Verbindung mit ihrem QB sind nicht Top5 der Liga. Und was Joey Porter Jr. kann, haben wir gegen die Ravens am Ende gesehen. (LG an OBJ) Dear Mike Tomlin, start JPJ! “If he is your guy…”

Personalentscheidungen auf (und neben) dem Feld werden bei den Steelers immer in Dekaden und nie in Jahren getroffen, allerdings habe ich manchmal das Gefühl, dass man lieber jedes Jahr 9-8 geht und an seinem positiven Record festhalten will, anstatt mal etwas zu riskieren. Die Steelers haben eine sehr gute, robuste Non-Player-Base, die sicher auch mal etwas mehr Risiko vertragen kann.

Tobi

Hätte man mir vor zwei Jahren dieselbe Frage gestellt, wäre meine Antwort ein schnelles und eindeutiges “Ja!” gewesen. Und grundsätzlich bin ich auch nach wie vor der Meinung, dass Rookies am schnellsten lernen, wenn sie im Spiel eingesetzt werden. Diese Aussage  allein ist aber wieder einmal zu einseitig betrachtet:

Für mich macht es inzwischen einen großen Unterschied, um welchen Spieler es sich handelt und welche Rolle er im Team übernehmen soll. An einen First- oder Second Round Pick werden ganz andere Erwartungen, besonders langfristig, gestellt, wie an einen Rookie aus den mittleren Runden. Letztere werden geholt, um Lücken im Roster zu stopfen, die zum Zeitpunkt des Drafts vorhanden sind und ab Woche 1 nicht mehr vorhanden sein sollen. Meist als Backup oder in der Rotation mit den Startern. Dazu müssen diese Spieler sich möglichst schnell möglichst gut an die Bedingungen in der Liga anpassen. Spieler dieser Art werden auch von den Steelers ab Saisonbeginn dort eingesetzt, wo sie benötigt werden und es ihre Leistung zulässt. Darnell Washington und Nick Herbig stehen beispielsweise recht häufig auf dem Platz und Washington wird dabei auch nicht weniger angeworfen als Kollege Freiermuth. Der Mangel an Targets liegt daher nicht daran, dass er sie als Rookie nicht bekommen soll. Vor allem sind Spieler dieser Art aber auch eines: Ersetzbar. Fallen diese z.B. verletzungsbedingt aus, gibt es einige Möglichkeiten, um an Ersatz zu kommen, sollte er unbedingt notwendig sein. Ob per Trade oder am Free Agent Markt.

Bei den hohen Picks ist das alles nicht der Fall. Dies sind Spieler, die langfristig den Erfolg der Franchise sichern sollen. Sie sollen ab einem gewissen Punkt bis zum Ende ihres Vertrages und am besten noch weit darüber hinaus beim ersten Snap des Teams auf dem Feld stehen. Man rechnet mit ihnen in Jahren, nicht Wochen. Solche Spieler erhält man nicht auf dem Trade Market. Zumindest nicht zu einem Preis, den man bereit ist zu zahlen.

Und es macht Sinn, dass man solche Spieler nicht sofort verheizt. Neben dem offensichtlichen Verletzungsrisiko spielen auch psychologische Faktoren eine enorme Rolle dabei, wie gut sich ein Rookie im Team entwickeln kann. Wie sehr denkt ihr, motiviert es, wenn man in den ersten 3 Wochen immer und immer wieder vom gegnerischen Edge Rusher überrannt wird? Oder, wenn man auf einmal derjenige ist, der für wichtige Touchdowns des Gegners verantwortlich ist, weil man in der Coverage versagt hat? Solche Fehler passieren zwangsläufig, wenn man einfach ins kalte Wasser geworfen wird. Durch so etwas lernt man, ja, so etwas kann aber auch dafür sorgen, dass man von außen, aus dem Team und zuletzt durch die eigenen Ansprüche enorm unter Druck gerät. Druck, der schlecht für die Entwicklung ist.

Also führt man als Team seinen Schlüsselspieler am besten langsam an die Liga heran. Gibt ihm nach und nach mehr Aufgaben, bis er ab einem gewissen Punkt dazu in der Lage ist, den Starter auf seiner Position zu ersetzen. Das Paradebeispiel dafür ist im Moment Joey Porter Jr.. Er spielte ab Woche 1 ausschließlich in den Dime Sets, musste also vorwiegend tief covern. Man gab ihm vorhersehbare Situationen, in denen er lernen und Selbstvertrauen aufbauen konnte. Im letzten Game vor der Bye Week gab man ihm dann auch Snaps in den Base- und Nickel Sets und weitete sein Aufgabenfeld damit aus. Ich denke, man wollte hier testen, ob er bereit ist, nach der Bye Week als Starter zu spielen. Und er spielte souverän. Holte gegen die Ravens sogar eine, vielleicht spielentscheidende, Interception. Für mich ist das weniger ein Zeichen, dass er gut ist und früher hätte spielen sollen, als vielmehr die Bestätigung, dass die Methode, ihn langsam heranzuführen, funktioniert. Er wurde genau darauf vorbereitet und das trägt nun Früchte.

Dasselbe hatte man mit Kenny in der letzten und mit Broderick Jones in dieser Saison vor. Als Quarterback oder Tackle ist es schwer, die Snap-Anzahl nach und nach zu erhöhen. Also bereitet man sie sorgfältig vor, bis sie bereit sind, zu starten. Beide kamen dann aber durch die Verletzung des Starters früher als erwartet zum Einsatz. Wir reden hier aber auch nicht von besonders viel Zeit. Jones wäre, wie Porter, zur Bye Week evaluiert worden und auch Kenny hätte Mitch in 2022 nicht allzu viel später ersetzt als es dann der Fall war. Beide hatten vorher genug Zeit zu lernen und sich zu akklimatisieren. Kenny ist durch die Situation um die generelle Offense nach wie vor schwer zu bewerten, Jones machte aber in seinem ersten Einsatz als Starter einen recht guten Eindruck. In jedem Fall aber einen besseren als Moore vor ihm.

Ob sie dieselbe Leistung gebracht hätten, wenn man sie von Beginn an hätte starten lassen, kann niemand beantworten! Das wird sehr gerne getan, ist aber argumentativ nichts anderes als falsch. Man lässt einen wichtigen Prozess, der sie dorthin geführt hat, wo sie jetzt sind, außer acht.

Generell kann man aber sagen, dass von einem Spieler, unabhängig davon, wie er eingesetzt wird, in den ersten ein bis zwei Jahren ohnehin noch keine Topleistung erwartet werden kann. Bei keinem der drei genannten Beispiele würde ich aber, Stand jetzt und mit dem Wissen, das mir zur Verfügung steht, von einem Flop sprechen. Und das, obwohl bei allen drei allein aufgrund der Positionen neben der technischen Leistung auch ein enormes Selbstvertrauen notwendig ist. Eine Gesamtleistung, die meiner Meinung nach wegen und nicht trotz des Nicht-Startens möglich gemacht wurde.

Spannend. Wie seht ihr die ganze Geschichte? Wo geht ihr bei Hen mit, an welcher Stelle seid ihr auf Tobis Seite? Habt ihr vielleicht auch eine ganz andere Meinung? Kommt auf den Discord vom e.V und diskutiert mit!

Related Posts

Der Starting QB der Steelers ist im aktuellen Roster

Der Starting QB der Steelers ist im aktuellen Roster

Der Starting QB der Steelers ist im aktuellen Roster Diese Aussagen hat man von den Steelers gehört und ich bin der Meinung, das stimmt auch. Man muss nur gut genug hinhören. Und der Fakt, dass die Steelers aktuell nur einen QB unter Vertrag haben, macht die Sache...

Preview Week 10: Steelers vs Packers

Preview Week 10: Steelers vs Packers

Manchmal machen Kleinigkeiten im Football den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Niederlage. Ein Spieler, der zurückkehrt, ein verschossenes Field Goal oder eben ein Coach, der sein Team von der Sideline betreut. Ob und in welchem Maße die (buchstäbliche)...

Comments

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert