Ein Record von 6-3, zweiter in der AFC North, lediglich einen halben Sieg hinter den hochgelobten Baltimore Ravens, mitten im Rennen um die Divisionskrone und den Einzug in die Playoffs. Dazu sollte man natürlich seine besten Spieler auf das Feld bringen. Doch was passiert, wenn diese plötzlich ausfallen?
Die Siege gegen die Titans und Packers waren hart erkämpft, doch auch wenn die Spiele selbst gewonnen werden konnten, bleiben große Fragezeichen in der Defense.
Mit dem Saisonaus von LB Cole Holcomb (Knie) und LB Kwon Alexander (Achillessehne) verliert man nicht nur zwei Starter innerhalb einer Woche, sondern auch die Spezialisten für die Passverteidigung auf ihrer Position. Dazu kommt, dass Alexander in Holcombs Abwesenheit die Kommunikation auf dem Feld (Green Dot) übernahm.
Zu Beginn der Saison hatten die Steelers mit Holcomb, Alexander und LB Elandon Roberts ein starkes Trio gefunden, in dem jeder seine Stärken mit einbrachte. Letzterer ist eben ein guter Blitzer, stark gegen den Lauf und kein athletischer Coverguy, wie man gegen die Packers auch eindrucksvoll zu sehen bekam. Dahinter bleibt nun lediglich LB Mark Robinson, ein 2022er Siebtrundenpick, dessen Fähigkeiten denen von Roberts zu sehr gleichen.
Die Frage, die man sich in der Franchise daher nun stellen muss: Wer ist der “Next Man Up”?
Dabei geht es allerdings nicht rein um die Fähigkeiten in Coverage, sondern darüber hinaus um Erfahrungen, Kommunikation und Rhythmus in der Steelers Defense.
Es ist Mitte November, die Trade-Deadline ist lange vorbei, vernünftige Alternativen sind kaum mehr verfügbar, dennoch möchte ich euch einige Ideen und Namen vorstellen:
Steelers Practice Squad
Tariq Carpenter
Gegen die Packers war Carpenter, aufgrund der Holcombverletzung, bereits aktiv, allerdings ohne nennenswerte Einsatzzeit. Seit zwei Monaten auf dem Practice Squad könnte er als gelernter Safety bei Georgia Tech die naheliegendste Option sein, doch hat er wohl wenig Erfahrung – in der Liga und auf der Position. Für ihn spricht jedoch, dass er bereits die Defense aus dem Training kennt und sicherlich mehr Qualitäten in Coverage als die beiden verfügbaren Alternativen hat.
Mykal Walker
Seit zwei Wochen gehört Walker zum Practice Squad der Steelers, nach kurzen Beschäftigungen bei den Chicago Bears und Las Vegas Raiders. Er kann auf drei Jahre Erfahrung bei den Atlanta Falcons zurückgreifen, wo er 2022 auch startete. Sein Spielstil gleicht dem von Holcomb mit guter Übersicht, sicherem Tackling und solider Coverage in flachen Zonen. Die Frage ist jedoch, ob er schon bereit ist, nach so kurzer Zeit die Verantwortung zu übernehmen, darüber hinaus ist er nicht der Spezialist in Coverage wie Alexander es ist.
Andere Practice Squads
Buddy Johnson
Johnson wurde 2021 von den Steelers in der vierten Runde gedraftet, musste allerdings bereits nach einer Saison seine Sachen packen. Seitdem schaffte er es lediglich auf mehrere Practice Squads – aktuell dem der Cowboys. Schaut man zurück auf sein Scouting Profil zum Draft, fehlen dort zwar die Coverageskills, doch war er bereits damals ein smarter Spieler, sicherer Tackler und guter Athlet. Sicherlich wird er sich weiterentwickelt haben, doch war mangelnde Entwicklung womöglich auch der Grund für seine frühe Entlassung letztes Jahr.
Rashaan Evans
Ein weiterer Linebacker auf dem Practice Squad der Cowboys. Nach vier Jahren als Erstrundenpick der Titans 2018 konnte er kein Team finden bei dem er sich durchsetzen konnte. Zum Draft wurde er durch seine moderne Spielweise zum besten Linebacker im Draft ernannt, doch dies konnte er in seiner Karriere nie unter Beweis stellen. Sicherlich noch einer der größeren Namen da draußen, vermutlich aber nur durch seinen Draft Status.
Garret Wallow
2021 drafteten die Texans den Coveragespezialisten in der fünften Runde, wo er auch die ersten zwei Jahre spielte und vereinzelt startete. Dieses Jahr muss sich Wallow mit einem Platz im Practice Squad zufriedengeben. Vermutlich wäre er derjenige, der am meisten an die Spielweise von Alexander herankommt. Physisch limitiert, sollte man ihn allerdings bewusst einsetzen und daher wäre er lediglich ein Spieler für die Rotation.
Josh Ross
Undrafted kam Ross 2022 zu den Ravens, wo er sogleich den Sprung in den 53er-Kader schaffte. Leider verletzte er sich bereits in Woche 2 der Vorsaison und konnte sich davon bisher nicht erholen, dieses Jahr verbringt er daher auf dem Practice Squad. Als leichterer Linebacker ist er sehr explosiv, spielt ohne Probleme Sideline-To-Sideline und vertraut in Coverage seinen Instinkten. Trotz seiner Spielanlage wäre er allerdings ein sehr hohes Risiko um sofort für die Passverteidigung verantwortlich zu sein.
Die Veterans
Myles Jack
Jack wäre ohne weiteres die beste und naheliegendste Personalie für die Steelers. In der Free Agency 2023 unterschrieb er allerdings einen Vertrag bei den Eagles, worauf er kurze Zeit später sein Karriereende bekannt gab. Die Rechte am Spieler liegen daher in Philadelphia, wo man ihn vermutlich nicht ohne einen Trade entlassen wird.
Nick Kwiatkowski
In der Offseason 2023 noch von den Steelers entlassen, könnte nun endlich Kwiatkowskis Chance gekommen sein, um in seiner Heimatstadt auflaufen zu können. Er kennt die Defense und alle Teamkollegen noch aus dem Trainingslager und hat dort allgemein auch eine gute Figur abgegeben. Leider wurde er durch Verletzungen zurückgeworfen, wodurch es bei den finalen Cuts nicht reichte. Als gestandener Veteran hat er Erfahrung als Starter und als Special Teamer und würde sich sofort in die Defense einfügen. Persönlich hätte ich Kwiatkowski bereits letzte Woche verpflichtet.
Marcus Allen
Ein Jahr zuvor fiel Marcus Allen dem Rostercut zum Opfer. 2018 drafteten ihn die Steelers als Safety aus Penn State, ehe er den Positionswechsel zum Inside Linebacker durchlief. In seinen Zeiten in Black & Gold wurde er zwar zunehmend im Special Team eingesetzt, doch sah er auch Einsätze in Dime Packages. Von seiner Art gibt es allerdings bereits genug Spieler im Roster, weswegen eine Verpflichtung wohl unwahrscheinlich bleibt.
Joe Schobert
Mit Schobert kommen wir zum nächsten ehemaligen Steeler, welcher 2021 via Trade aus Jacksonville kam. Zwar erreichte er 112 Tackles in 16 Spielen, blieb darüber hinaus allerdings blass. Gerade in Coverage fiel er hier und da negativ auf und konnte allgemein nicht an seine guten Zeiten bei den Browns & Jaguars anknüpfen. Seit einem Jahr ist Schobert vertragslos, weswegen man ein Workout in Erwägung ziehen könnte.
Christian Kirksey
Ein Veteran der viele Jahre bei den Cleveland Browns unter Vertrag stand und die AFC North sehr gut kennt. Kirksey könnte der Spieler sein, den man ohne Bedenken in die Rotation reinwerfen würde. Ähnlich wie Jack beendete auch Kirksey seine Karriere vor zwei Monaten als Mitglied des Practice Squads der Buffalo Bills, daher ist es fraglich, ob und in welcher Verfassung er für so eine Aufgabe zurückkommen würde.
Outside The Box
Nick Herbig
Sicherlich wurde Nick Herbig nicht als ILB gedraftet, doch besondere Situationen erfordern auch besondere Maßnahmen. Herbig war bei Wisconsin weniger als designierter Edge Rusher, sondern viel mehr als Outside Linebacker eingesetzt. So spielte er sowohl hinter der Line gegen den Run als auch in Coverage underneath. Durch diese Fähigkeit war er definitiv einer der versatilsten Linebacker in der Klasse. Zu dieser Spielweise wurde bereits letzte Woche DC Teryl Austin befragt, welcher dies aber zurückwies. Nun, da Alexander ebenfalls ausfällt, möchte dieser seine Worte vielleicht nochmal überdenken.
Keanu Neal
Bereits 2021 in Dallas spielte Neal auf der Position des Linebackers, bevor er 2022 in Tampa zurück zu Strong Safety wechselte. Zu Beginn dieser Saison wurde er bei den Steelers als Dime Defender in der Box eingesetzt, bevor er für den verletzten FS Minkah Fitzpatrick übernahm. Sollte Fitzpatrick zurückkommen, wäre Neal als dauerhafte Lösung für ILB denkbar.
Elijah Riley
Neben Neal wäre auch Elijah Riley eine Option, welcher in der Preseason das Duell zum Nickel Defender verlor und danach nur wenig Einsätze bekam. Vermutlich würde er nun auch davon profitieren, falls Neal auf LB gebraucht wird.
Tre Norwood
Etwas weiter hergeholt, wäre die Idee einer Tre Norwood Verpflichtung. Aktuell ist er in Buffalo auf dem Practice Squad, nachdem er in der Offseason verletzungsbedingt entlassen wurde. Bis dahin zeigte er die letzten Jahre immer wieder seine Fähigkeiten in Coverage, aber auch als Run Defender. Coach Tomlin bezeichnete ihn nach dem Draft 2021 als Swiss Army Knife in der Secondary und ein solches könnten die Steelers aktuell sicherlich gut gebrauchen.
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Zu guter Letzt sehen wir, dass die Möglichkeiten auf einen gestandenen Ersatz für Cole Holcomb und Kwon Alexander so gut wie unmöglich sind, gerade da beide sich in den letzten Wochen zu festen Größen gesteigert haben. Nun erfordert es einiges an Kreativität von Teryl Austin, um mit einer Lösung für die nächsten Spiele aufzukommen. Es wird schwer sein, zum aktuellen Zeitpunkt einen neuen Spieler einzuarbeiten, wenn er direkt ins kalte Wasser geworfen wird. Doch fest steht, dass am Linebacker-Corps etwas getan werden muss. Wir dürfen gespannt sein, wie diese Lösung aussieht.
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