Faszination College Football und wie er funktioniert

written by Daniel Stahl
1 · 02 · 23

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Am vergangenen Wochenende versammelten sich viele Football-Fans vor dem Fernseher, denn mit den Halbfinals der Playoffs standen 2 der 3 wichtigsten Spiele in den “Bowl Weeks” an. Und alles, was man sich von den Spielen versprochen hatte, wurde sogar noch überboten. Es wurden Halbfinalpartien voller Highlights und Spektakel, die noch lange in Erinnerung bleiben werden. Deshalb habe ich mich mit dem Mythos “College Football” etwas näher befasst und möchte nachfolgend die Struktur, den Modus und die Regelungen erläutern.

Im größten Sportverband im US-Collegesport, der NCAA (National Collegiate Athletic Association), sind mehr als 1200 Universitäten/Colleges aus den USA und Kanada organisiert. Innerhalb des Verbands werden die Universitäten/Colleges in drei verschiedene Divisions eingeteilt, wobei es bei dieser Einteilung nicht um die Spielstärke der Teams, sondern auf die Größe der Universität und die Anzahl der angebotenen Sportarten und Stipendien ankommt.

In der NCAA Division 1 spielen die größten Colleges. Aufgrund der höchsten Budgets und der großen medialen Aufmerksamkeit sind die stärksten Sportler und Teams hauptsächlich hier zu finden.

In der Division 2 sind vermehrt mittelgroße bis kleine Universitäten vertreten, deren investiertes Budget im Sportbereich nicht an das der Division 1 Colleges heranreicht. Die Division 2 Mitglieder legen keinen so großen Wert auf Dinge wie TV-Vermarktung und generieren daher auch weniger Mittel als die großen Schulen. Der Fokus liegt dabei vielmehr auf einer optimalen Verbindung zwischen Sport, Lehre und Freizeit, um den Athleten eine etwas ausgewogenere College-Erfahrung zu bieten, als es in den Sportprogrammen der Division 1 der Fall ist.

Die Mitglieder der Division 3 vergeben keine Sportstipendien. Finanzielle Unterstützung gibt es nur in Form von akademischen Stipendien. Für Studierende, die sich für ein College der NCAA Division 3 entscheiden, steht die akademische Ausbildung klar im Vordergrund und der Sport nur an zweiter Stelle.

Im College Football ist die Division 1 nochmal unterteilt in die FCS (Football Championship Subdivision) und die FBS (Football Bowl Subdivision). Bei der FBS handelt es sich um die höherrangige Subdivision, in der sich alle Teams vereinen, um die es geht, wenn im Allgemeinen von College Football gesprochen wird.

Die FBS wiederum unterteilt sich in zehn Conferences. Hierbei ist ein College nicht wie eine Franchise in der NFL einer bestimmten Conference zugeordnet, sondern kann jeder Conference beitreten, der es möchte oder auch ohne Conference-Zugehörigkeit bleiben. Das prominenteste Beispiel eines College, das keiner Conference angehört, ist die University of Notre Dame. Es sind aber auch jederzeit Wechsel von einer Conference in eine andere möglich, sofern dies die bestehenden Verträge zulassen. Die Schulen machen nämlich Verträge mit den Conferences, in denen die Mitgliedschaft meist auch auf eine bestimmte Dauer vereinbart wird, dafür werden diese entsprechend finanziell an den Einnahmen beteiligt. Aktuelle Beispiele für einen solchen Conference-Wechsel sind die USC und die UCLA, die derzeit der Pac-12 angehören, ab 2024 aber in der Big Ten spielen wollen.

Zur besseren Übersicht sind die zehn Conferences der FBS nochmals in zwei Kategorien mit jeweils fünf Conferences unterteilt. Die fünf besten Conferences dieser zehn bezeichnet man als Power 5, dabei handelt es sich um die SEC, ACC, Pac-12, Big-Ten, Big-XII. In diesen Power 5 tummeln sich die vermeintlichen Top-Teams des College Football. Die größten Rivalitäten der Power 5 Conferences sind im Einzelnen:

Pac-12:             Stanford Cardinal gegen California Golden Bears
Big-XI:              Texas Longhorns gegen Oklahoma Sooners
Big-10:              Michigan Wolverines vs Michigan State Spartans
Michigan Wolverines vs THE Ohio State
SEC                    Alabama Crimson Tide vs Auburn Tigers
ACC                   Florida State Seminoles vs Miami Hurricanes

Die anderen fünf Conferences neben der Power 5 werden als Group of 5 bezeichnet.

Auch wenn man einer Conference beigetreten ist, spielt man nicht ausschließlich gegen Teams aus der eigenen Conference. Die Spiele innerhalb der Conference sind in der absoluten Überzahl und haben einen höheren Stellenwert als die Spiele gegen Teams außerhalb der eigenen Conference. Insgesamt neun der zwölf Spiele in der Regular Season absolviert man gegen Conference Rivalen. Die restlichen drei Gegner können sich die Colleges selbst aussuchen.

Um den Champion der jeweiligen Conference zu ermitteln, gibt es unterschiedliche Ansätze. In der SEC und der ACC bspw. wurde die jeweilige Conference nochmal in zwei Gruppen à fünf Teams aufgesplittet. Die beiden Gruppensieger, also die Teams mit dem besten Record in der Gruppe, spielen dann im Championship-Game gegeneinander. Hierin liegt dann auch der Grund, warum die Championship-Games nicht als übermäßig wichtig betrachtet werden, da es sein kann, dass alle starken Teams der Saison in Gruppe 1 und alle schlechteren in Gruppe 2 spielen. Dadurch würde ein Gruppensieger, der allerdings einen schlechteren Record als andere Teams aus Gruppe 1 vorweisen kann, trotzdem im Championship Game antreten.

Die Big-XII dagegen hat ebenfalls zehn Mitglieder und verzichtet auf die Unterteilung in Gruppen. Jeder spielt einmal gegen jeden und die beiden Teams mit dem besten Record spielen den Conference-Champion aus.

Auf die Championship-Games folgen die Bowl-Games. Es gibt sechs relevante Bowl-Games und werden New-Year-Six genannt, da sie immer um Neujahr/Silvester ausgetragen werden und die besten Matchups unter sich aufteilen. Zwei dieser sechs Bowl-Spiele sind gleichzeitig die Playoff-Halbfinals. Es handelt sich nicht immer um dieselben beiden Bowl-Games, sondern es wird Jahr für Jahr durchgewechselt. Bei den New-Year-Six sind folgende Bowls gemeint: Rose Bowl, Orange Bowl, Sugar Bowl, Cutton Bowl Classic, Peach Bowl und Fiesta Bowl.

Die restlichen Bowl-Games werden dann einfach aufgefüllt mit den nächsten besten Mannschaften. Ein Team mit sechs Siegen qualifiziert sich bereits für ein solches Bowl-Game unter bestimmten Voraussetzungen, wie z.B. besondere akademische Leistungen, genügend teilweise auch schon mit fünf Siegen, um zu einem Bowl-Game eingeladen zu werden. Diese Spiele sprießen wie Pilze aus dem Boden, da sie gut vermarktet werden können und sich so viel Geld verdienen lässt.

Aber wer kommt letztendlich eigentlich in die Playoffs?

Die besten vier Teams werden für die Playoffs ausgewählt. Warum ausgewählt und nicht die Teams mit dem besten Record? Die Entscheidung über diese vier Teams fällt ein Komitee, welches sich nicht nur den blanken Record anschaut, sondern auch berücksichtigt gegen wen die Mannschaften in den zwölf Regular-Season-Spielen und ggf. dem Championship-Game angetreten sind und bewertet zudem wie die Ergebnisse ausgefallen und zustande gekommen sind. Wenn es bspw. zwei Teams mit identischem Record gibt, dann kann entscheidend sein, gegen welches College eine Niederlage oder ein Sieg zustande kam und mit welcher Ergebnisdifferenz.

Nach dem Ranking des Komitees erfolgen dann die Halbfinalpaarungen der Playoffs. Das am besten eingestufte Team spielt gegen die an Nummer 4 gesetzte Mannschaft und entsprechend die Nummer 2 gegen die Nummer 3 im zweiten Halbfinale. Die Gewinner der Partien bestreiten dann das finale National Championship Game, in dem die beste College-Mannschaft einer Saison auf neutralem Boden ermittelt wird.

Spätestens ab 2026 sollen die Playoffs aufgestockt werden. Künftig sollen zwölf statt wie bisher vier Teams in den Playoffs miteinander konkurrieren. Die Spitzenreiter der sechs hochrangigsten Conferences sind automatisch qualifiziert, die restlichen sechs Teilnehmer werden vom Komitee ernannt. Die vier vom Komitee am höchsten eingestuften Conference-Sieger müssen nicht in der ersten Playoff-Runde antreten und die verbleibenden acht Teams tragen die Achtelfinalpartien aus. Die Viertel- und Halbfinals werden im Rahmen der Bowl-Games stattfinden. Das National Championship Game, wie bislang auch, in einer neutralen Spielstätte.

Ein weiterer signifikanter Unterschied zur NFL ist die Herangehensweise, wie die Teams zu ihren Spielern kommen. Colleges können keine Highschool-Spieler draften, sondern versuchen in aufwendigen Recruiting-Prozessen diese nicht nur mit dem hiesigen College-Football-Team, sondern auch mit dem akademischen Angebot der Schule zu überzeugen. Mit allen Tricks und Kniffen versuchen ganze Recruiting-Teams die Top-Talente an ihr College zu locken. Da College Football in den USA extrem populär ist und zigtausende Fans in die Stadien und Millionen vor die TV-Geräte lockt, lässt sich damit für die Universitäten sehr viel Geld verdienen, mit dem sie u.a. teure Coaches anheuern und eben jene Teams finanzieren können. Es können jedes Jahr auch eine bestimmte Anzahl an Stipendien für Athleten vergeben werden. Diese Stipendien decken alle Gebühren für den Studiengang ab. In der Regel können Athleten damit bis zum Abschluss ihres Bachelors vier Jahre am Ligabetrieb der NCAA teilnehmen.

Wenn ein Spieler sich für eine Universität entschieden hat, beginnt seine College-Karriere als sogenannter Freshman in seinem ersten Jahr. Er wird dann im zweiten Jahr zum Sophomore, im dritten zum Junior und im letzten Jahr schließlich zum Senior. Schafft es ein Spieler nicht direkt im ersten Jahr in den Kader, gilt er als Redshirt. Das bedeutet, er darf am Trainingsbetrieb teilnehmen, aber nur bis zu vier Spiele absolvieren. Dieses Jahr wird dann nicht angerechnet und der Athlet darf ein fünftes Jahr dranhängen. Ebenso besteht die Möglichkeit, bei einer Verletzung eine Saison auszusetzen und sich dieses Jahr als Redshirt-Jahr anrechnen zu lassen. Die Spieler dürfen aber auch schon vor Ablauf der vier Jahren in den Profibereich wechseln. Nachteil ist, dass man dann noch keinen akademischen Abschluss erlangt hat. Wenn man diesen irgendwann nachholen möchte, muss man das Studium aus eigener Tasche finanzieren. Das alte Stipendium hat keine Gültigkeit mehr, was dem Großteil dieser Spieler aber herzlich egal sein dürfte, da sie als Profisportler finanziell gut aufgestellt sein sollten.

Ein Spieler muss nicht seine ganze College-Karriere an einem College bleiben. Man kann sich jährlich in die National-Transfer-Database eintragen lassen und anschließend von anderen Universitäten kontaktiert werden, um z.B. ein Stipendienangebot zu erhalten. Vor 2018 brauchte ein Spieler für einen Wechsel die Erlaubnis seiner Schule, seitdem ist das nicht mehr so. Frei von Risiko ist das allerdings nicht. Sobald sich ein Spieler hat eintragen lassen, darf seine bisherige Uni das Stipendium neu vergeben. Im schlechtesten Fall findet der Spieler kein neues College und das alte Stipendium ist ebenfalls weg.

Was vor dem Jahre 2021 konsequent unterbunden und untersagt wurde, war die Möglichkeit für College-Spieler, einen finanziellen Nutzen aus ihrer Bekanntheit als Sportler zu ziehen. Die Spieler riskierten also Woche für Woche ihre Gesundheit, aber finanziell profitiert haben davon nur die NCAA und die Schulen. Bis dann ab 2021 die NCAA-NIL-Richtlinien Anwendung fanden. NIL steht ins deutsche übersetzt für „Name, Bild und Ähnlichkeit“ und man kann auf diese Weise für die Verwendung seines Namens, Bildes oder Ähnlichkeiten, beispielsweise für Werbung oder Merchandising verdienen.

College-Football ist über die Jahre zu einer milliardenschweren Industrie geworden, wobei der Großteil der Gelder in die Schulen, deren Sportabteilungen und die Trainer fließt. Viele Jahre lang stand die NCAA hinter dem Gedanken der studentischen Athleten und betonte, dass Spieler in erster Linie Studenten seien und keinen Profit aus ihrem Namen ziehen sollten. Das war den Athleten, die durch ihren Einsatz und ihre Leistungen das Produkt zu dem machen, was es ist, nicht länger zu vermitteln. Erstmals kam die NIL-Debatte 2014 zu einer großen Schlagzeile als Ed O’Bannon, ein ehemaliger UCLA-Basketballspieler, die NCAA vor Gericht zerrte, weil sie die NIL des Spielers in Werbespots verwendete. Diese hitzige Debatte führte dazu, dass Kalifornien 2019 den Fair-Pay-to-Play-Act vorschlug. Bis 2021 folgten mehrere Staaten diesem Beispiel und legalisierte das Recht für Spieler, mit ihrem NIL Geld zu verdienen. Im Juni 2021 entschied der Oberste Gerichtshof, dass die NCAA Spieler nicht daran gehindert werden können, bildungsbezogene Zahlungen zu erhalten.

Gemäß der NCAA-NIL-Richtlinien dürfen Schulen den Spielern keine NIL-Deals anbieten. Ein Spieler kann nur durch externe Partnerschaften oder Sponsoring Geld verdienen. Diese Deals sollen eigentlich keinen Einfluss darauf haben, für welche Schule sich der Spieler letztendlich entscheidet. Eigentlich deshalb, weil zu befürchten ist, dass es sogar großen Einfluss darauf haben wird, für welche Universität sich ein Sportler entscheidet, und zwar für die mit dem höchsten Marktpotential. Somit hätte NIL starken Einfluss auf die Rekrutierungen von Highschool-Spielern, da bestimmte Märkte wie Miami oder New York bessere Möglichkeiten für Werbeverträge bieten als beispielsweise Kentucky oder Arkansas.

Alles in Allem drängt die Faszination “College Football”, ähnlich wie die NFL in den vergangenen Jahren, immer weiter nach Europa vor. Dies ist nicht zuletzt den wöchentlichen Free-TV-Übertragungen zu verdanken und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Das Highlight der diesjährigen College-Saison steht uns mit dem National Championship Game in der Nacht auf den 10. Januar 2023 bevor. Es ist davon auszugehen, dass sich dadurch weitere Fans dem College Football zuwenden. Ich für meinen Teil kann das Spiel zwischen dem Überraschungsteam, den TCU Horned Frogs und dem Titelverteidiger, den Georgia Bulldogs, kaum erwarten!

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